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  A_New_Life 5

A New Life
by maryane

Kapitel 21

Ich suchte mir einen Tisch in einer versteckten Ecke und bestellt mir einen Whiskey. Ich war noch immer so wütend auf sie. Warum hörte sie einfach nicht auf mich? Sie tat, als wenn ich sie damit ärgern wollte, dabei wollte ich sie doch nur schützen! Die Gedanken an sie begannen langsam mich zu nerven. Ich wollte einfach nur mal für ein paar Stunden meine Ruhe vor der ganzen Welt haben. Danach würde ich mit Sicherheit wieder ruhiger sein. Ich trank den ersten Whiskey in einem Zug aus und bestellte mir den nächsten. Aber meine Gedanken hörten nicht auf um sie und ihre Sturheit zu kreisen. Immer wieder fragte ich mich, warum sie versucht hatte mich anzurufen, wenn sie doch so wütend auf mich war. Plötzlich begann sich mir immer und immer wieder die eine Frage zu stellen.

„Es war doch nichts passiert?!?“ Aber ich versuchte nicht darüber nachzudenken. Mein Blick fiel auf eine große, blonde Frau, die am Nachbartisch saß und mich beobachtete. Ich schickte ihr ein Lächeln und sie sah mich verführerisch an. Schnell senkte ich meinen Blick wieder. Ich durfte mich nicht, auf diese Spielchen einlassen. Es würde nur im Ärger enden. Nach ein paar weiteren Whiskeys begann ich ruhiger zu werden. Die Blondine beobachtete mich noch immer. So langsam begann der Alkohol zu wirken und ich begann doch mit ihr zu flirten, auch wenn ich mich eigentlich dafür hätte ohrfeigen können. Ich konnte einfach nicht anders. Ein bisschen flirten würde doch niemandem schaden, oder? Immer wieder wanderten meine Blicke zu ihr und ich begann sie von oben bis unten zu mustern. Sie schien dies zu bemerken und anscheinend gefiel es ihr. Sie war sexy. Unglaublich sexy. So sexy hatte ich Lea schon seit Monaten nicht mehr gesehen. Sie stand auf und kam zu mir an den Tisch.

„Hey!“ sagte sie und sah mich an. Wow, mir wurde warm.

„Ich bin Jenny!“

„Hi Jenny, willst du was trinken?“ fragte ich sie. Sie stand auf und beugte sich über den Tisch zu mir. „Ich will was ganz anderes und ich glaub du weißt, was ich meine!“ antwortete sie und ließ ihre Zunge über ihre Oberlippe gleiten. Dieser verführerische Ton, ihr Dekolletee in meinem Gesicht und der Alkohol in meinem Kopf vermischten sich langsam zu einer gefährlich Mischung, die keinen klaren Gedanken mehr zuließ. Diese Frau verschlug mir fast den Atem.

„Du gehst aber ganz schön ran!“ flüsterte ich und zog sie näher zu mir.

„Bloom?!?“ brüllte plötzlich jemand durch den Laden und Jenny trat erschrocken einen Schritt zurück. Zuerst konnte ich, noch immer vernebelt von dem Alkohol und Jennys Verführungskünsten, nicht ganz orten woher die Stimme kam, aber dann sah ich, wie Andre mit ziemlich wütender Miene auf mich zu kam. „Hier bist du! Weißt du wie lange ich dich schon suche?“

„Wir sind hier grad beschäftig! Siehst du das nicht?“ fragte Jenny ihn frech und sah ihn von oben herab an. Andre sah sie mit einem wütenden Blick an, den ich noch nie zuvor von ihm gesehen hatte.

„Du hältst dich da mal schön raus, Barbie!“ fauchte er sie an. Beleidigt drehte sie sich um, murmelte noch etwas wie „Das muss ich mir ja nun wirklich nicht anhören...“, nahm ihre Jacke und verschwand aus der Bar. Dann wandte sich Andre mir zu.

„Sag mal, hast du sie noch alle? Was machst du hier?“ fragte er vorwurfsvoll, aber ich war mir keiner Schuld bewusst.

„Was willst du denn? Hat man denn nirgends mehr seine Ruhe, oder was?“ fragte ich und hoffte dass es genau so teilnahmslos klang, wie es klingen sollte.

„Nein! Hat man nicht! Sieh zu, dass du deinen Kram bezahlst und mitkommst!“ antwortete er bestimmend, aber ich ließ mir doch von ihm nichts vorschreiben!

„Warum sollte ich mit dir mitkommen? Ich will meine Ruhe haben, siehst du das nicht?“ Meine Antwort schien ihn verdammt wütend zu machen. Sein Blick verfinsterte sich und er trat einen Schritt auf mich zu.

„Das Einzige, was ich hier sehen, ist dass du mal wieder gerade dabei warst, einen Fehler zu machen, den du in spätestens 2 Stunden bereuet hättest! Jetzt komm endlich!“ Mit seiner bestimmenden Art machte er mich sehr wütend. Was dachte er denn, wer er war? Mein Vater, oder was? Ich rief den Kellner und bestellte mir noch einen Whiskey, dann lehnte ich mich gemütlich in meinem Sessel zurück und versuchte Andre nicht mehr zu beachten. Langsam begann es mir Spaß zu machen ihn zur Weißglut zu treiben.

„Orlando! Hör auf mit dem Scheiß! Lea ist im Krankenhaus!“ Boom! Das holte mich mit einem Schlag zurück auf den Boden der Tatsachen. Ein eigenartiges Gefühl durchfuhr mich und ich bekam Angst. Immer noch starr vor Schreck stand ich auf und sah Andre an.

„Was? Scheiße! Andre! Was ist passiert?“ Plötzlich kam ich mir wieder so dumm vor. Wie konnte ich mich nur so unglaublich bescheuert benehmen?

„Mensch Bloom, was denkst du denn?“ sagte er leise, anscheinend wollte er nicht, dass es jeder in dem Laden mitbekam. Nachdem er dass sagte, ahnte ich was passiert war. „Das Baby? Oh mein Gott!“ Ich schnappte meine Jacke, griff Andres Arm und zog ihn auf Straße wo auch schon sein Auto stand. Den ganzen Weg zum Krankenhaus verlor er kein weiteres Wort und auch ich starrte nur vor mich hin und kaute mir einen Fingernagel nach dem anderen ab. Aber als wir dann plötzlich auch noch an einer Ampel im Stau standen wurde ich fast verrückt vor Nervosität. Ich fluchte leise vor mich hin und Andre blinzelte mich noch immer ärgerlich von der Seite an.

„Jetzt hör auf mit deinem Rumgemecker!“ fuhr er mich genervt an und ich wurde schlagartig wieder still. Ich starrte wieder nach vorne, kaute an meinen Nägeln und machte mir Sorgen. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als wir endlich auf den Parkplatz vorm Krankenhaus hielten.

Andre lief zielstrebig durchs Krankenhaus direkt zu dem Zimmer in dem Lea lag. Gerade als ich die Tür öffnen wollte sagte er: „Ich an deiner Stelle, wär ein bisschen vorsichtig. Sie ist echt sauer!“

„Danke Andre! Was wär ich nur ohne dich!“ gab ich zurück, aber er hatte mir Angst gemacht. Okay es war verständlich, dass sie noch immer ärgerlich war. Als ich aus der Wohnung verschwand war sie wirklich sehr aufgebracht, aber irgendwie hatte ich gehofft, dass auch sie sich wieder etwas beruhigt hatte. Vorsichtig und so leise wie möglich öffnete ich die Tür. Ich rechnete damit jeden Moment mit irgendetwas hartem beworfen zu werden. Ich hätte es verdient, aber zu Glück war dem nicht so. Sie lag zum Fenster gedreht im Bett.

Vorsichtig trat ich an sie heran.

„Hey Engel...“ sagte ich leise und versuchte versöhnlich zu lächeln. Aber sie drehte sich nicht um. Ich setzte mich auf die Bettkante und streichelte ihr übers Haar. „Wie geht’s dir?“ Auf diese Frage drehte sie sich zu mir und warf mit einen vernichtenden Blick entgegen.

„Was denkst du denn wie es mir geht, du Idiot? Ich krieg hier ein Baby! Hast du sonst noch irgendwelche blöden... Aaahhh...!!!“ in diesem Moment rollte sie sich vor Schmerz zusammen. Vollkommen hilflos saß ich neben ihr und wusste nicht was ich tun sollte. „Eine Wehe?“ fragte ich vorsichtig und strich ihr immer wieder über den Kopf.

„Ja, verdammt!“ sagte sie böse. Ich hätte ihr so gerne geholfen. Es war schlimm zu sehen, wie sie sich quälte, ihr aber nicht helfen zu können. Sie griff nach meiner Hand und krallte sich darin fest. Mein Herz war kurz davor zu zerspringen. Warum musste hatte ich mich vorhin noch so mit ihr gestritten? Mit tat das plötzlich alles so leid. Ich versuchte ihr das alles zu erklären, aber sie sah mich nur verständnislos an.

„Würdest du bitte mal aufhören, mich hier voll zu labern und mir ein Glas Wasser holen?“ Ich stand auf und tapste hilflos durch die Gegend. Irgendwie hatte sich mein Gehirn vor lauter Nervosität in Wackelpudding verwandelt und ich schaffte es nicht einmal mehr ein Glas Wasser zu finden. Plötzlich öffnete sich die Tür.

„Na Ms. Winter, wie geht es ihnen?“ Ein Arzt kam in Zimmer. Als er mich sah, beobachtete er mich erst einmal bei meiner Wasser-such-Aktion teils belustigt und teils fragend sah er mich an.

„Sie sind der werdende Vater, nehm ich an?“ fragte er und grinste mich an. Diese Worte schallten in meinen Ohren und machten mich gleich noch nervöser. Der werdende Vater... Scheiße... so langsam dachte ich darüber nach. Sonst schien mir dass alles noch so weit entfernt gewesen zu sein, aber jetzt waren wir hier und es würde sich nur noch um Stunden handeln, bis ich meine kleine Tochter auf dem Arm halten würde. Plötzlich wurde mir schlecht und in meinem Kopf begann es zu hämmern. „Aber was tun sie denn da?“ Unterbrach mich der Arzt. Diese Frage klang verdammt blöd in meinen Ohren. Was dachte er denn was ich da tat, während ich in den Schränken wühlte?

„Der sucht nach Wasser!“ antwortete Lea belustigt. Der Arzt konnte sich scheinbar einen lauten Lacher nicht verkneifen.

„Oh! Na dann... Aber wenn sie hier nichts finden, dann versuchen sie es mal im Schwesternzimmer!“ Gut, das klang logisch.

„Du findest das wohl lustig, was?“ Fuhr ich Lea an, aber ich grinste dabei und sie schien zu verstehen, dass ich es nicht böse meinte. Dann machte ich mich auf den Weg zum Schwesternzimmer. Auf dem Flur rannte ich erst mal Andre über den Haufen. Bevor wir beide zu Boden gingen hielt er mich fest und ich fand mein Gleichgewicht wieder.

„Hey, hey... Mal langsam!“ Er sah mich an und erkannte wie durcheinander ich war.

„Ach du... Was ist denn mit dir los! So fertig hab ich dich ja noch nie gesehen. Was ist denn aus dem Orlando Bloom geworden, der sonst immer so gefasst und cool ist und auf jede Frage die passende Antwort hat?“

„Der wird gleich Vater! Reicht das als Antwort?“ zischte ich ihn an und befreite mich aus seinem Griff. Es tat mir leid, wie ich ihn gerade angemotzt hatte, aber in diesem Moment war ich einfach nicht mehr ich selbst. Als ich endlich eine Flasche Wasser aufgetrieben hatte, stürmte ich zurück in Leas Zimmer, wobei ich noch 3 Schwester fast umgelaufen hatte. Gerade als ich die Tür öffnen wollte kam mir der Arzt entgegen. Er schaute besorgt, aber sagte nichts. Das Lächeln in meinem Gesicht verschwand schlagartig. Langsam öffnete ich die Tür.

Sie weinte und ich dachte mein Herz würde aufhören zu schlagen. Was war denn nun schon wieder passiert? Ich ging zu ihr, setzte mich aufs Bett. Sie erhob sich, schlang ihre Arme um meinen Hals und legte ihren Kopf an meine Schulter. Hilflos, wie ich in diesem Moment war, hielt ich sie fest und ließ sie weinen.

„Engel, was ist passiert?“ fragte ich leise. Plötzlich merkte ich, wie sich ihre Fingernägel in die Haut auf meinem Rücken gruben. „Aaahhhh!!!“ Aber diesmal war ich es der schrie... Sie ließ mich los, nahm mein Hände und sah mir ins Gesicht.

„Ich hab Angst, Orlando!“ dabei sah sie mich so hilflos an, dass es mir das Herz zeriss. Die Tränen liefen ihr über die Wangen, ich versuchte sie wegzuwischen, aber sie hörte nicht auf zu weinen.

„Hey, ich versteh doch, dass du Angst hast.“ Versuchte ich sie zu beruhigen „Ich bin doch da und tu was ich kann!“ Ich lächelte gequält, aber es schien ihr nicht besser zu gehen, sie weinte nur noch mehr.

„Du verstehst das nicht!“ Sagte sich mit zitternder Stimme.

„Was versteh ich nicht?“ fragte ich vorsichtig und merkte, wie auch meine Stimme langsam zu zittern begann. Ihr Verhalten machte mir Angst. Doch als sie sich wieder ein wenig beruhigt hatte erzählte sie mir unter Tränen, dass der Arzt ihr gesagt hatte, sie müssten das Baby per Kaiserschnitt holen, weil einfach alle viel zu schnell ging, und die Kleine falsch lag. Das schien ihr unglaubliche Angst zu machen. Ich versuchte immer wieder ihr einzureden, dass das doch nicht so schlimm wäre, und dass so was heutzutage doch Routine war, allerdings fiel mich das auch schwer, da ich selbst Angst hatte. Irgendwann sah sie mich dann mit traurigen Augen an und sagte etwas, dass mich schockte.

„Orlando, versprich mir, dass du gut auf die Kleine aufpasst, wenn mir was passiert!“ erschrocken sah ich auf. Wie kam sie darauf so etwas zu denken? Ich nahm ihre eiskalten und zittrigen Hände und hielt sie fest. Ich konnte ihr nicht in die Augen sehen, ich wollte nicht, dass sie sah, dass mich dieser Satz so verwirrt hatte, dass ich Tränen in den Augen hatte.

„Lea! Hör auf damit! An so was solltest du nicht einmal denken! Dir wird nichts passieren!“ Ich versuchte mich selbst immer wieder mit der Tatsache zu beruhigen, dass das ein Routineeingriff war, aber es war nun mal eine Operation und sie bestand noch dazu auf eine Vollnarkose, und bei so etwas gab es nun einmal immer Risiken. Ich war mit meinen Nerven so gut wie am Ende, aber ich durfte keine Schwäche zeigen, auch wenn ich am liebsten auf der Stelle losgeheult hätte. Aber ich wollte nicht, dass es ihr noch schlechter ging, schließlich sollte ich sie unterstützen. Aber als dann die Schwestern kamen um sie in den OP zu bringen und sie mich dann noch einmal flehend ansah und sagte:

„Versprich es mir Orlando!“ merkte ich wie ich immer schwächer wurde. Ich antwortete ihr nicht. Ich wollte es nicht. Alleine über diesen Satz nachzudenken zerriss mich innerlich. Als sich die Tür zum OP schloss, ließ ich mich auf einen Stuhl fallen. Ich vergrub mein Gesicht in meinen kalten und feuchten Händen und weinte. Es war mir egal ob mich jemand dabei beobachtete und sich dachte „Orlando Bloom ist in Wirklichkeit doch nur ein Weichei!“ Es hätte mich nicht interessiert, ich musste meinen Gefühlen freien Lauf lassen, sonst wäre ich unter ihrer Last zusammengebrochen.

Ich merkte wie sich plötzlich jemand neben mich setzte und einen Arm um mich legte.

„Mach dich nicht so verrückt!“ Es war Andre, der nun versuchte mich zu beruhigen. Ohne ihn anzusehen antwortete ich ihm:

„Das ist alles meine Schuld, Andre! Hätte ich mich nicht wieder mal so bescheuert verhalten und ihr zum Vorwurf gemacht, dass sie frei sein wollte, dann wäre das alles nicht passiert. Jedenfalls nicht so!“ Andre antwortete nicht, er murmelte nur etwas unverständliches was sich anhörte wie „Einsicht ist der erste Weg zur Besserung.“ Aber dann saßen wir nur noch da. Ich wurde beinahe wahnsinnig von dieser Warterei. Hätte ich mir die Fingernägel nicht schon auf der Fahrt ins Krankenhaus abgekaut, dann hätte ich es in diesem Moment getan. Jedes mal, wenn sich etwas hinter der Tür bewegte schreckte ich auf. Dann sank ich wieder in mich zusammen, weil es immer wieder nur Schwestern waren, die mir keine klaren Antworten geben konnten. Andre holte uns Kaffee, aber meine Hände zitterten so sehr, dass ich nicht einmal den Becher halten konnte, ohne mich komplett einzusauen. Also ließ ich es lieber.

Plötzlich öffnete sich die Tür und eine Schwester kam heraus.

„Mr. Bloom?“ Eigentlich hatte ich schon gar keine Lust mehr aufzusehen, es würde mir ja doch wieder niemand etwas sagen können. Andre, der neben mir schon fast eingeschlafen war, rappelte sich auf und tippte mir auf die Schulter.

„Mr. Bloom?“ fragte die Schwester noch einmal und ich sah auf. „Hier ist jemand, der sie kennen lernen möchte!“ Sie beugte sich zu mir runter und legte mir meine kleine in eine gelbe Decke gewickelte Tochter in den Arm. Plötzlich überwältigten mich meine Gefühle. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und meine Stimme versagte. Noch immer stand die Schwester vor mir und beobachtete mich dabei wie ich versuchte mich wieder zu sammeln.

„Oh Gott!“ sagte ich leise und strich der Kleinen vorsichtig über den Kopf. „Meine kleine Prinzessin.“ Die Tränen rannen nur so über mein Gesicht, aber dieses Mal waren es Tränen des Glücks. Ich war so unglaublich glücklich. Ich glaub, das war der schönste Moment in meinem Leben. Das war mit nichts zu vergleichen, was ich bis jetzt erlebt hatte.

Langsam erwachte auch die Schwester wieder aus ihrer stummen Beobachtung.

„Das liebe ich so an meinem Beruf!“ Sagte sie verträumt. „Ihrer Frau geht es gut, vielleicht wollen sie bei ihr sein, wenn sie aufwacht?!?“

„Meiner Frau?“ Wollte ich sagen, tat es aber nicht, irgendwie klang das wunderschön in meinen Ohren.

„Natürlich will ich das!“ sagte ich und wollte ihr folgen, aber Andre, den ich schon fast vergessen hatte (gemein, ich weiß *g*) hielt mich fest. Als ich mich zu ihm drehte grinste er übers ganze Gesicht.

„Hey! Jetzt will ich aber auch der Erste sein, der eure Kleine begrüßen darf! Immerhin hab ich dich vor ein paar Stunden noch vor einem Riesen-Fehler bewahrt.“ Er zog die Decke ein kleines Stück aus ihrem Gesicht und sie öffnete die Augen. Das waren die schönsten blauen Augen in die ich je gesehen hatte. Sie war überhaupt das Schönste Baby, das ich je gesehen hatte.

„Lass dir bloß nie einfallen daran zu zweifeln, dass du der Vater bist!“ Lachte er. Aber leider reichten meine Gehirnwindungen in diesem Moment nicht aus um zu verstehen, was er damit sagen wollte.

„Hä?“ Fragte ich und sah ihn verständnislos an. Aber er klärte mich schnell auf.

„Na guck sie dir doch an! Das Einzige, was sie von Lea hat, ist die Nase. Alles andere bist du noch mal!“ Darauf hatte ich noch gar nicht geachtet. Und auch jetzt konnte ich bis auf die dunklen Locken, die sie jetzt schon hatte, nicht besonders viel Ähnlichkeit feststellen, aber nachdem auch die Schwester das bestätigte musste es wohl stimmen. Irgendwie macht mich das noch stolzer als ich ohnehin schon war.

„Und? Habt ihr euch schon einen Namen überlegt?“ Oh ja, das hatten wir! Wir hatten uns die Nächte mit elendig langen Namensdiskussionen um die Ohren geschlagen.

„Fabrice!“ Sagte ich, aber ich konnte meinen Blick nicht mehr von der Kleinen wenden. Sie war so süß. Sie sah mich an und gähnte. Dabei kräuselte sie ihre Nase so niedlich. Ich verlor mich total in ihr. Ich hätte dort stundenlang stehen können, nur um sie zu beobachten.

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Langsam kam ich wieder zu mir. Alles um mich herum war noch so unwirklich. Ich schaffte es noch nicht die Augen zu öffnen, aber ich hörte jemanden reden.

„... was meinst du? Ob Mami noch böse ist? Verstehen könnt ich’s ja... Ich muss echt langsam was ändern. So geht das nicht weiter! Ich hab deine Mami nämlich wirklich lieb, weißt du?“ Ich öffnete vorsichtig die Augen und sah, wie Orlando neben meinem Bett saß. Er hielt die Kleine auf dem Arm, die ihn mit großen Augen ansah und mir einer Hand seinen Finger umklammerte. Bei diesem Anblick lief mir eine Träne über die Wange. Ich schloss die Augen wieder. Ich wollte nicht, dass er merkte, dass ich wach war. Ich wollte diesen Moment noch ein bisschen genießen und hören, was er der Kleinen sonst noch zu sagen hatte. Aber ich war ihm nicht mehr böse. Ich war einfach nur glücklich. So glücklich wie ich noch nie zuvor im meinem Leben war.

Kapitel 22

Eigentlich wollte ich nicht einschlafen, aber ich war noch so müde von der Narkose, dass ich in dem Moment, in dem ich die Augen schloss auch gleich wieder einschlief. Ich war einfach so glücklich und so beruhigt, dass alles in Ordnung war. Ein Weilchen hörte ich noch Orlandos Stimme, aber dann war die fest eingeschlafen.

Als ich die Augen mühsam wieder öffnete war es schon hell draußen und es schien zu schneien. Alles war ruhig. Unheimlich ruhig. Ich sah mich um und musste mir ein Lachen verkneifen. Orlando hatte sich in einer Position auf dem Stuhl zusammengerollt, bei der ich mich fragte, ob es sich jemals wieder daraus entknoten konnte. Er atmete ruhig und gleichmäßig. Er schien zu schlafen, aber das sah so niedlich aus, dass ich mir wünschte einen Fotoapparat in meiner Nähe gehabt zu haben.

Ich dachte mir, dass er bestimmt noch Angst hatte, dass ich sauer auf ihn war, aber ich war es nicht. Nachdem ich gemerkt hatte, wie nervös er in der letzten Nacht war und wie sehr er sich um mich gesorgt hatte konnte ich ihm nicht mehr böse sein.

Die Kleine, die in ihrem Bettchen direkt neben mir lag, sah mich mit ihren riesengroßen blauen Kulleraugen an. Sie war so ein hübsches Baby. Die Ähnlichkeit zu Orlando verblüffte mich. Vorsichtig nahm ich sie aus ihrem Bett. Plötzlich klopfte es an der Tür und Orlando schreckte auf. Als er sah, dass ich wach war lächelte er mich liebevoll an.

„Na mein Engel, wie geht’s dir?“ er setzte sich zu mir aufs Bett legte seinen rechten Arm um mich und streichelte mit seiner anderen Hand sanft der Kleinen über die Wange. Sie war nun wieder ganz ruhig und starrte ihn an. In meinem Bauch kribbelte es wundervoll. Ich fühlte mich in diesem Moment so unglaublich wohl mit meiner „kleinen Familie“. Langsam drehte ich mich zu Orlando und sah wie seine Augen glänzten, wenn er die Kleine ansah. Er würde bestimmt ein wunderbarer Vater sein. Als er merkte, dass ich ihn beobachtete, zog er mich noch näher an sich. Er nahm vorsichtig mein Gesicht in seine Hände und küsste mich so wie schon lange nicht mehr. So vorsichtig und sanft, als küsste er mich zum ersten Mal. Ein warmer Schauder lief mit über den Rücken und mein Herz begann wie wild zu klopfen. Dann ließ er von meinen Lippen ab und sah mir tief in die Augen.

„Ich bin so froh, dass alles gut gegangen ist...“ genau in diesem Moment begann die Kleine zu protestieren.

„Jetzt schon Starallüren, wenn sie nicht im Mittelpunkt steht. Na das fängt ja gut an!“ lachte ich und auch er begann zu grinsen.

„Tja, sie wird bestimmt mal ne gute Schauspielerin...“

„Hoffentlich nicht, einer von dieser verrückten Sorte reicht mir vollkommen!“ antwortete ich ihm trocken und er sah mich verdutzt an, aber bevor er irgendwas erwidern konnte, klopfte es wieder und jemand öffnete Vorsichtig die Tür.

„Och Nö...“ flüsterte ich genervt und verdrehte die Augen. Orlando gab mir einen Kuss auf die Nase und lachte.

„Ich befürchte, dass ist erst der Anfang!“

Das erste was man in der Tür sah, war ein riesengroßer bunter Blumenstrauß und einen kleinen, niedlichen Stoff-Eisbär. Aber irgendwo hinter all diesem Gestrüpp entdeckte ich schnell Andres breites Grinsen. Aber er war nicht allein. Im Schlepptau hatte er auch noch Sam und Orlandos Mum. Eigentlich hätte ich mich gerne noch ein wenig ausgeruht, aber daraus sollte wohl nichts werden.

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Ich war mittlerweile so fertig, dass ich die Augen kaum noch offen halten konnte. Auch wenn ich es gern wollte. Zum Glück befreite mich Lea irgendwann und schickte mich zum Ausschlafen nach Hause. Aber ich konnte nicht schlafen. Hunderte Gedanken schossen mir durch den Kopf. Gedanken, die mich verzweifeln ließen. Da war der Gedanke an das Gespräch mit Claudia meiner Managerin, dass mit Sicherheit nicht mehr lange auf sich warten ließ, der Gedanke an Lea und die Kleine und wie ich mein Leben mit den beiden auf die Reihe kriegen sollte. Ich arbeitete viel in der letzten Zeit. Viel zu viel! Außerdem konnte ich es auch nicht mehr länger hinhalten, der Presse von meiner Beziehung zu Lea zu erzählen. Nicht wenn ich nicht wollte, dass sie anfingen auf gemeine Weise zu versuchen in mein Privatleben Einblick zu bekommen. All diese Gedanken führten mich dann natürlich sofort wieder zurück zu dem Gespräch mit Claudia. Es war ein ständiger Kreislauf. Alles führte zurück zu dem Gespräch mit Claudia. Ich konnte es nicht mehr lange aufschieben. Ich musste nun endlich dem Ernst der Sache ins Auge sehen. Ich konnte nicht mehr so weiterleben, wie ich es in der letzten Zeit getan hatte. Jedenfalls nicht, wenn ich eine Zukunft mit Lea und Fabrice haben wollte.

Immer wenn ich die Augen schloss, begann sich in meinem Kopf alles zu drehen. Ich war nicht mehr in der Lage auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Ich wälzte mich hin und her, aber irgendwann musste ich dann wohl doch eingeschlafen sein. Jedenfalls wurde ich irgendwann am nächsten morgen von den ersten Sonnenstrahlen geweckt, die mir aufs Gesicht fielen. Aber mir ging es keinesfalls besser. Mein Schädel brummte, als hätte ich die ganze Letzte Nacht durchgefeiert und jeder Gedanke an meine Zukunft, an unsere Zukunft, bereitete mir Magenschmerzen.

Ich hätte mich ja vielleicht beruhigen können, aber irgendwann kam ich auf diese absurden Gedanken und begann mich zu fragen, ob ich wirklich schon bereit für das alles war? Hatte ich mein Leben wirklich schon so gut im Griff, dass ich heiraten und ein Kind haben sollte? War ich nicht vielleicht noch viel zu jung für das alles? Ich wurde beinahe wahnsinnig. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich aus dem Fenster starrte und mir in meinen Gedanken ausmalte, wie meine Zukunft noch hätte aussehen können, wenn ich mich nicht auf diese Verantwortung eingelassen hatte. Ich wollte mich ohrfeigen für diese Gedanken, aber ich war mir so unglaublich unsicher.

Zu meinem Glück klingelte es irgendwann an der Tür und Mum stand davor. Immer noch in meinen Gedanken versunken bat ich sie herein. Immer wieder begann ich an meinen Fingernägeln zu kauen. Sie wusste, dass wenn ich das tat, irgendetwas mit mir nicht stimmte. Ohne ein Wort zu sagen kam sie zu mir und nahm mich in den Arm.

„Was ist denn los? Du siehst schrecklich aus!“ fragte sie mich besorgt. Aber eigentlich wollte ich ihr nicht von meinen Sorgen erzählen. Ich wollte nicht, dass sie sich meinetwegen Gedanken machte.

„Ach, gar nichts. Möchtest du einen Kaffee?“ Aber sie antwortete nicht. Sie setzte sich auf die Couch und zog mich neben sich.

„Ich seh doch, dass mit dir was nicht stimmt! Was ist denn los?“ Sie nahm meine Hand und sah mir in die Augen, aber ich konnte ihrem bohrenden Blick nicht lange standhalten.

„Shit, Mum! Ich weiß nicht, ob das alles richtig ist, was ich hier mache!“

„Ich habs geahnt!“ Sagte sie zwar leise, aber immer noch laut genug, dass ich es hören konnte. „Wie kommst du denn auf solche Gedanken?“ Ich ließ ihre Hand wieder los und schaute vor mir auf den Boden.

„Ich weiß es auch nicht... Ich weiß nicht, ob ich Lea wirklich alles geben kann, was sie verdient. Ich hab Angst, dass ich sie zu oft alleine lassen muss, aber genauso viel Angst hab ich davor sie mit zu nehmen in meine Welt. Wir haben jetzt mit der Kleinen eine so große Verantwortung, dass mich das alles fast erdrückt. Ich kann doch nicht meine Karriere an den Nagel hängen, um für sie da zu sein. Ich weiß einfach nicht, wie ich das alles schaffen soll!“ Ich merkte wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete und mir die Tränen in die Augen stiegen. Diese Gedanken taten mir so weh, aber was sollte ich tun? Mum strich mir immer wieder über den Kopf.

„Sag mal, liebst du sie?“ Erstaunt blickte ich auf.

„Natürlich!“ Antwortet ich ihr erschrocken. Warum fragte sie mich so etwas?

„Na dann hör auf, dir Sorgen zu machen! Du weißt doch, dass sie dich auch liebt. Du sollte eigentlich auch wissen, dass sie fast alles für dich tun würde. Ich glaube Lea ist stärker als du es ihr zutraust! Keiner verlangt von dir deine ganze Karriere an den Nagel zu hängen, aber so weitergehen kann es natürlich auch nicht. Da hast du recht, aber wofür hast du denn dein Management? Rede mit denen!“ Langsam lehnte ich meinen Kopf an ihre Schulter. Ich war so froh, dass sie da war. Sie gab mir so viel Halt und sie schien mich zu verstehen.

„Ich will ja auch mit denen reden, aber ich hab Angst vor dem was sie sagen werden. Ich hatte erst gestern verdammten Ärger, weil sie noch nicht von Lea wussten. Irgendwie wächst mir das alles momentan echt über den Kopf! Ich hab in zwei Wochen wieder einen Haufen Interview- und Fototermine, von denen ich Lea noch gar nichts erzählt hab. Eigentlich will ich da gar nicht hin. Ich will sie einfach nicht alleine lassen!“ Ich wollte sie nicht alleine lassen! Das war die absolute Wahrheit. Alleine der Gedanke daran, sie in zwei Wochen hier alleine mit Fabrice zurückzulassen brach mir das Herz. Warum konnte mein Leben nicht so einfach sein, wie das der anderen Menschen? Warum musste ich immer an die halbe Welt denken, bevor ich irgendwelche Entscheidungen traf? Am liebsten würde ich mein Schauspielerleben erst mal für eine Weile hinter mir lassen und einfach wie jeder andere Mensch leben. Aber dafür war es wohl zu spät.

Am Anfang macht mir dieser ganze Ruhm noch Spaß, aber jetzt begann er mein Leben zu zerstören. Das machte mir Angst!

„Weißt du?“ sagte meine Mutter „Hast du auch mal an Lea gedacht? Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass es ihr genau so geht? Ich hab den Eindruck, dass du gerade wirklich nur an dich denkst!“ Ich bemerkte den immer lauter werdenden wütenden Ton in ihrer Stimme und sah auf. „Warum quälst du dich hier alleine mit deinen Problemen rum? Warum redest du nicht einfach mit ihr? Vielleicht findet ihr beide zu einer besseren Lösung als du alleine!“ Jetzt wurde sie wieder ruhiger und lächelte mich liebevoll an. Ich fühlte mich wieder als wäre ich 6 Jahre alt und hatte gerade eine Standpauke bekommen, weil ich irgendwo eine Scheibe eingeworfen hatte. Und diese Standpauke verfehlte ihre Wirkung nicht. Ich erkannte, dass sie recht hatte. Vielleicht sollte ich erst mal mit Lea reden, bevor ich mich mit meinem Management beschäftigte.

„Am Besten, du gehst jetzt wieder zu ihr und verbringst erst mal ein bisschen Zeit mit ihr und der Kleinen. Wenn sie aus dem Krankenhaus kommt, könnt ihr ja für ein paar Tage nach Canterbury kommen, da habt ihr sicherlich mehr Ruhe. Versuch doch deine Termine noch ein bisschen zu verschieben. Ich glaub ihr drei braucht jetzt erst mal Zeit für euch! Sag das deiner Managerin und lass dich nicht immer vor ihr unterbuttern! Schließlich bist du doch der für den sie arbeitet!“ Sagte Meine Mutter zu mir, als sie schon in der Tür stand. Ich dachte nicht lange über ihre Worte nach, sondern schnappte meine Jacke, meine Autoschlüssel und machte mich auf dem schnellsten Weg zu Lea.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Ich redete noch nicht mit ihr, weil ich ihr noch ein bisschen Zeit lassen wollte. 6 Tage später wurde sie dann aus dem Krankenhaus entlassen und endlich hatte ich meine kleine Familie bei mir. Langsam glaubte ich auch wieder daran, mich vollkommen richtig entschieden zu haben. Manchmal, wenn ich Lea und die Kleine beobachtete breitete sich ein so warmes und wunderschönes Kribbeln in mir aus, dass ich vor Glück hatte zerplatzen können. Die beiden gaben mir mehr, als es meine Arbeit und mein Ruhm jemals geben konnte. Hin und wieder spielte ich mit dem Gedanken, meinen Beruf doch aufzugeben und nur noch für die beiden da zu sein, aber Lea belehrte mich dann schnell wieder eines Besseren. Sie wusste wie viel ich getan hatte um so weit zu kommen, wie ich gekommen war und sie wollte nicht daran Schuld sein, dass ich das alles nun wieder aufgab.

An das Gespräch mit Claudia dachte ich bald gar nicht mehr. Bis eines Nachmittags das Telefon klingelte und Lea ranging.

„Für dich!“ Rief sie „Ich glaube dass ist Claudia!“ Boom! Jetzt war ich wieder zurück auf dem Boden der Tatsachen. Es unheimlicher Schreck durchfuhr meinen Körper und mein Herz begann aufgeregt zu schlagen. Warum hatte ich nur so eine Angst vor dieser Frau? Vorsichtig ging ich ans Telefon, als hätte ich erwartet, dass sie mir gleich aus dem Telefonhörer entgegen springen würde.

„Ja? Claudia?“

„Na wer sonst?“ Sagte sie in ihrem bekannt überheblichen und verärgerten Ton „Wir müssen reden! Kannst du gleich herkommen?“ Plötzlich fielen mir die ganzen Termine wieder ein, die sie für mich gemacht hatte und ich bemerkte, dass ich eigentlich morgen Nachmittag schon zu einem Fototermin in LA sein sollte. Mir fiel vor Schreck beinahe der Hörer aus der Hand.

„Ähm... Ja... Natürlich! Ich bin gleich da!“ Stotterte ich vor mich hin. Ich merkte, wie meine Hände zu zittern begannen. Das war es! Das war nun endgültig mein Todesurteil! Sie würde mir den Kopf abreißen!

„Hey Schatz?“ Fragte Lea und sah mich besorgt an, als ich den Hörer mit zitternden Händen wieder auf den Tisch legte. „Was ist denn los? Wer war das denn? Du siehst ja aus, als hättest du grad mit dem Teufel persönlich gesprochen!“ Ob sie wusste, wie recht sie damit hatte?

„Ja.... Ähm, Nein... mit Claudia! Ich muss sofort los!“ Ich drehte mich um, wollte meine Jacke schnappen und verschwinden, aber Lea hielt meinen Arm fest. Für einen kurzen Moment sah sie mir tief in die Augen. Wie schön ihre Augen doch waren. Man konnte sich darin verlieren. Plötzlich stieg mir ein warmes Kribbeln von den Füßen bis in den Kopf und ich wusste wie ich mich entscheiden würde, wenn Claudia mich vor die Entscheidung Karriere oder Familie stellen würde. Vorsichtig zog ich Lea zu mir und strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?“ Fragte ich sie leise. „Ich würde jederzeit alles aufgeben, nur um mit dir zusammen zu sein!“ Betrübt senkte sie ihren Blick, aber sofort umfasste ich ihr Kinn und hob ihr Gesicht an, so dass sie mir wieder ins Gesicht sah. Sie sah traurig aus, aber ich wusste nicht warum.

„Was ist denn? Hab ich was falsches gesagt?“ Wieder wandte sie ihren Blick von mir ab.

„Ich will nicht, dass du wegen mir alles aufgibst! Ich will nicht schuld daran sein, dass du irgendwann unglücklich bist!“ Ich antwortete ihr nicht, weil ich nicht wollte, dass wir wieder anfingen uns darüber zu streiten. Vorsichtig küsste ich sie auf die Nase und ein süßes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Dann trat sie einen Schritt zurück.

„Na los jetzt! Du hast doch eine Verabredung mit dem Teufel, also los!“ Jetzt lachte sie wieder, aber mir verging das Lachen. Schweren Herzens machte ich mich auf den Weg zu Claudias Büro.

Als ich die Tür öffnete, schien sie mich schon zu erwarten.

„Da bist du ja endlich!“ Sagte sie in ihrem gewohnt genervten Ton. Langsam trat ich auf sie zu. „Setz dich!“ Also setzte ich mich und ergab mich meinem Schicksal. Aber entgegen meiner Erwartungen begann Claudia plötzlich zu grinsen. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

„Ich hab noch mal über unser Gespräch nachgedacht. Sag mal, ist es dir wirklich so erst mit dieser Frau?“ Ohne darüber nachzudenken antwortete ich ihr bestimmt.

„Ja! Das ist es! Und du wirst mich auch nicht davon abbringen können, sie zu heiraten! Eher ist hier und heut Schluss mit meiner Karriere, als dass ich sie und unsere kleine Tochter aufgebe! Und wo wir gerade dabei sind. Ich kann morgen nicht nach LA fliegen! Lea braucht mich!“ Was hatte ich da gerade gesagt? Hätte ich mich nicht ein bisschen zusammenreißen können? Musste diese Worte so aus mir heraussprudeln? Ich glaubte in diesem Moment mir meinen eigenen Strick gedreht zu haben. Claudias Miene verfinsterte sich wieder und sie schien angestrengt nachzudenken. Ich versuchte meine Hände zu verbergen, damit sie nicht sah, wie ich zitterte. Ich zitterte vor Aufregung, vor Wut und vor allem vor Angst. Jeder einzelne Muskel in meinem Körper spannte sich an und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich hatte viel dafür gearbeitet um das alles zu erreichen und in diesem einzigen Moment hatte ich vielleicht alles zerstört. Das wurde mich langsam schmerzlich bewusst, aber ich war davon überzeugt, dass die Entscheidung richtig war.

„Ich weiß!“ Sagte Claudia plötzlich und sah mich an. „Ich hab mitbekommen, wie schlecht es dir in der letzten Zeit ging!“ Ich konnte ihr noch nicht ganz folgen. Kein „Raus hier!“ oder „Sag mal spinnst du?“ Nichts von alledem! „Ich hab die Termine in LA abgesagt!“ Fuhr sie fort. „Du nimmst dir jetzt erst mal eine Auszeit! Und ich will keine Wiederreden hören!“ Jetzt begann sie zu lächeln und noch immer hatte ich nicht ganz realisiert, was sie da gerade gesagt hatte. Stumm saß ich ihr gegenüber und sah sie mit großen Augen an. „Wie Auszeit?“

„Ja! Ich hab für die nächsten 3 Monate alles abgesagt! Ich glaube du brauchst erst mal ein bisschen Zeit um wieder auf den Boden zu kommen und dich um deine Familie zu kümmern. Danach sehen wir weiter!“ Langsam verstand ich und ein Glücksgefühl überkam mich, dass ich am liebsten aufgestanden wäre und Claudia umarmt hätte.

„Danke!“ Sagte ich lächelnd „Ich hätte ja mit vielem gerechnet, aber damit?“

„Tja, ich bin halt doch nicht so ein Unmensch, wie du vielleicht manchmal glaubst! Ich hab dich neulich mit deiner Freundin und deiner Tochter im Park gesehen und ich hatte den Eindruck, dass du wirklich mal wieder richtig glücklich und zufrieden warst. Ich glaub du brauchst diese drei Monate Ruhe um dann in deinem Beruf weiterzukommen. Aber eine Bitte hab ich noch...“ Ich schreckte zusammen. Da war er also, der Haken.

„... In zwei Wochen sind, wie du ja wahrscheinlich weißt, die Oscarverleihungen. Du hast eine Einladung bekommen. Ich möchte, dass du Lea dort mit hinbringst und sie endlich der Presse vorstellst!“ Immer noch total überrascht von dem „Urlaubsangebot“, dachte ich nicht lange darüber nach und stimmte Claudia zu. Ich verließ überglücklich ihr Büro und machte mich auf den Heimweg.

Ohne darüber nach zu denken was ich tat, bog ich in eine ziemlich überlaufene Einkaufsstraße ein. In Gedanken versunken schlurfte ich durch die Straße und trat einen kleinen Stein vor mir her. Plötzlich merkte ich, wie mir jemand an der Kapuze meiner Jacke zog. Erschrocken fuhr ich herum und sah eine Gruppe von ungefähr 30 Mädchen, die aufgeregt miteinander redeten. Einige hielten mir Zettel und Stift entgegen, andere kramten ihre Fotoaperrate vor und plötzlich stand ich mitten in einem Blitzlichtgewitter. Ich blieb ruhig und versuchte ein Autogramm nach dem nächsten zu geben, aber als sich immer mehr und mehr Menschen um mich versammelten, verlor ich den Überblick. Von überall her zog man mir an den Ärmeln. Jeder fragte mich etwas. Irgendwann artete das ganze in einen unglaublichen Massenauflauf aus. Ich versuchte mich aus der Menschenmenge zu befreien, aber es gelang mir nur sehr schwer. Als ich mich befreit hatte, lief ich in den nächstbesten Laden und bat die Verkäuferin die Tür abzuschließen. Erleichtert atmete ich auf, aber dann fiel mir wieder Lea ein. Ich erinnerte mich an die Situation als sie damals in diesem Babygeschäft ohnmächtig geworden war.

„Oh mein Gott!“ schoss es mir durch den Kopf. Wie konnte ich Claudia nur zustimmen? Was hatte ich mir dabei gedacht? Wenn ich Lea mit zur Oscarverleihung nehmen würde, dann könnte auch sie sich nie wieder frei bewegen können. Überall würde die Presse versuchen ihr aufzulauern. Mein Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken daran, aber ich konnte nicht mehr zurück. Ich musste versuchen, sie langsam darauf vorzubereiten. In diesem Moment erschien es mir als das Beste, wenn ich Mums Angebot annehmen und für eine Woche mit ihr und Fabrice nach Canterbury fahren würde.

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Ich hatte Fabrice gerade wieder dazu gebracht wieder einzuschlafen, nachdem sie 2 Stunden am Stück geschrieen hatte. Ich hatte mich gerade über ihr Bettchen gebeugt um sie hineinzulegen, als Orlando von hinter die Arme um mich schlang und mich zu sich zog.

„Hey mein Engel!“ Flüsterte er, strich mir meine Haare von der rechten Schulter und begann zärtlich meinen Hals zu küssen. Ich genoss diese Berührungen und legten meinen Kopf auf die Seite. Sanft fasste er mein Kinn und drehte mich zu sich. Nun hielt er mein Gesicht in seinen Händen, sein Daumen zeichnete die Konturen meiner Lippen nach. Ich öffnete meinen Mund und begann vorsichtig daran zu knabbern. In meinem Bauch begannen 1000 Schmetterlinge zu fliegen. Mit seinen liebevollen Berührungen machte er mich fast wahnsinnig. Jede einzelne Faser meines Körpers spannte sich an und viele warme Schauder liefen mir über den Rücken. Ich war so glücklich in seinen Armen. Ich fühlte mich so sicher und geborgen bei ihm, wie ich es noch niemals zuvor erlebt hatte. Als ich plötzlich seine weichen Lippen auf meinen spürte war mir, als würde ich für einen Moment schweben und mir wurde schwindelig. Schwindelig vor Glück. Langsam löste er seine Lippen wieder von meinen.

„Komm mit!“ Flüsterte er und bevor ich antworten konnte, verschloss er meinen Mund wieder mit einem unglaublich Kuss. Vorsichtig hob er mich an und trug mich ins Schlafzimmer. Auf dem ganzen Weg dorthin hörte er aber nicht auf mich zu küssen. Langsam legte er mich auf dem Bett ab. Seine Finger öffneten die Bluse die ich trug. Er war so zärtlich zu mir, wie schon lange nicht mehr. Ich wollte ihn fragen, was mit ihm los war, aber ich traute mich nicht, diesen wunderbaren Moment zu zerstören. Seit dem die Kleine da war, hatte wir so wenig Zeit füreinander. Ich wollte diesen Moment genießen.

....... (Tja... und da meine Geschichte ja ein Rating von 12 hat, überlasse ich jetzt alles weitere eurer Fantasie *fg*)

Irgendwann wurde ich durch das Schreien der Kleinen geweckt. Noch immer lag ich in Orlandos Armen. Ich wollte nicht aufstehen. Er schlief noch immer so friedlich neben mir und sah so niedlich dabei aus. Wenn ich könnte, hätte ich die Zeit angehalten um für immer so liegen bleiben zu können, aber leider konnte ich es nicht. Ich küsste ihn vorsichtig, aber er kräuselte nur kurz seine Nase, brummte leise und kuschelte sich wieder in sein Kissen. Ich befreite mich aus seinen Armen und kümmerte mich um Fabrice.

Etwa eine halbe Stunde später ging ich mit der Kleinen auf meinem Arm wieder ins Schlafzimmer. Verwundert blieb ich in der Tür stehen. Orlando war gerade dabei ein paar unserer Sachen in eine große Tasche zu packen.

„Was machst du da?“ Fragte ich ihn ein wenig verwirrt. Er drehte sich um, kam auf mich zu und gab mir einen flüchtigen Kuss.

„Ich packe!“ Na das war doch mal eine richtig informative Auskunft! Als würde ich das nicht selbst sehen. Aber ich konnte das ganze nicht verstehen. „Claudia hat mir für die nächsten drei Monate frei gegeben und ich dachte, wir sollten vielleicht mal wieder nachschauen, was in Canterbury so los ist!“ Ich traute meinen Ohren nicht. Sollte das wirklich bedeuten, dass ich ihn für die nächsten drei Monate für mich hatte? Ich legte Fabrice, die die ganze Situation mit großen Augen mitverfolgte aufs Bett und sprang auf Orlando zu. Nur mit Mühe konnte er sein Gleichgewicht halten.

„Hey, wenn du in den nächsten drei Monaten noch was von mir haben willst, dann sei vorsichtig!“ Lachte er und ließ mich wieder runter. Wir brauchten nicht mehr lange um alles zusammen zu packen. Fabrice zu nehmen und ins Auto zu springen.

Als wir angekommen waren, wartete Sam scheinbar schon ungeduldig, aber anstatt uns zu begrüßen, nahm sie Orlando, welche sie verdutzt anguckte, Fabrice vom Arm und verschwand im Haus.

Es war so schön wieder hier in Canterbury zu sein. Hier war nichts von all der Hektik zu spüren, die mir in London mittlerweile schon ziemlich auf die Nerven ging. Alles war so wunderbar ruhig. Für den Abend lud Sam uns ins „Dark River“ ein. Fabrice blieb bei Orlandos Mum, die die stolzeste Oma war, die ich je gesehen hatte.

Als wir das „Dark River“ betraten, traute ich meinen Augen kaum. Sam hatte eine Party für uns organisiert und alle waren da, sogar Chrissie war aus Deutschland gekommen. Ich war absolut überwältigt und Tränen standen mir in den Augen. Auch Orlando war sichtlich überrascht, denn sogar Elijah und Dom waren da. Es war einfach alles perfekt an diesem Abend und die Band ließ es sich auch nicht nehmen mich zu überreden mal wieder zu singen. Das hatte ich ewig nicht mehr gemacht, aber es machte noch immer unglaublich viel Spaß.

Aber als ich nach dem Singen hinter die Bühne ging passierte etwas, was meine Stimmung schlagartig ins Gegenteil umschlagen ließ. Ich hatte mir gerade ein Glas Wasser genommen, als jemand meine Hüften umfasste. Ich dachte es wäre Orlando und lehnte mich zurück in seine Arme. Doch als ich mich umdrehte um ihn zu küssen. Traf mich der Schock, wie ein Messer in die Brust. Das war nicht Orlando! Das war Chris! Mein Ex-Freund aus Deutschland, der mich damals wegen dieser 16 jährigen Sitzen ließ. Benommen von dem Schreck stolperte ich einen Schritt zurück.

„Da bin ich wieder!“ Sagte er und lachte mich an. Langsam begann ich mich wieder zu sammeln und mein Herz begann aufgeregt zu schlagen.

„Was... was... machst du hier? Was willst du von mir?“ Stotterte ich und sah ihn noch immer mit versteinerter Miene an. Er trat auf mich zu und legte seine Arme wieder um meine Hüften. Ich wollte das nicht. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, aber er hielt mich zu fest. Immer wieder schlug ich mit meinen Fäusten gegen seine Brust und schrie ihn an, dass er mich loslassen sollte, aber er tat es nicht. Dieses verrückte Grinsen in seinem Gesicht machte mir Angst. Unheimliche Angst. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Warum war hier denn niemand? Warum half mir keiner? Ich schrie immer lauter, aber plötzlich legte er seine Hand auf meinen Mund.

„Hör auf zu schreien!“ Sagte er in einem befehlenden Ton, der mich in Panik verfallen ließ. Wieder trat dieses wahnsinnige Glänzen in seine Augen. Ich merkte wie ich mehr und mehr zu zittern begann. Mein Atem beschleunigte sich ich wusste nicht was ich tun sollte. Ich war ihm vollkommen hilflos ausgeliefert. Die Tränen liefen über meine Wangen und ich wimmerte leise vor mich hin. „Ich will dir nichts tun! Ich dacht du hättest mich vermisst! Weiß du wie lange ich nach dir gesucht habe? Aber zum Glück hat mir Chrissie verraten wo du bist. Jetzt wird alles wieder gut. Jetzt können wir wieder zusammen sein!“ Was wollte er von mir? Zusammen sein? Was sollte das? Chris war schon immer ein wenig eigenartig gewesen, aber jetzt machte er mir nur noch Angst. Mit viel Anstrengung schaffte ich es seine Hand von meinem Mund zu bekommen.

Kapitel 23

Ich war starr vor Angst. Ich wollte wegrennen, aber meine Beine gehorchten mir nicht mehr. Noch immer sah er mir fest in die Augen. Warum kam denn keiner? Warum vermisste mich keiner? Wo waren die denn alle? Diese Fragen gingen mir durch den Kopf und machten mich beinahe wahnsinnig. „Was willst du?“ fragte ich noch einmal leise. „Weißt du, dass du mir unheimliche Angst machst?“ Plötzlich weiteten sich seine Augen und er trat erschrocken einen Schritt zurück. „Was ist denn hier los?“ Hörte ich jemanden fragen und ein Stein fiel mir vom Herzen. Ich drehte mich um und rannte in Orlandos Arme. Noch immer zitterte ich am ganzen Körper. Er legte seine Arme um mich und strich mir immer wieder beruhigend über den Kopf. „Ist ja gut Kleines, ich bin doch jetzt hier!“ Er hob mein Gesicht und gab mir einen sanften Kuss auf die Nase. „Geh zu den Anderen, ich bin gleich bei dir.“ Dann löste er seinen Griff und ich stolperte, noch immer ziemlich benommen von dem Schreck zu den anderen. „Ach du meine Güte! Lea, was ist denn mit dir passiert!“ Hörte ich Chrissie erschrocken rufen. Sie kam auf mich zu. „Du bist ja leichenblass. Geht’s dir nicht gut? Setzt dich erst mal hin, ich besorg dir ein Glas Wasser.“ „Spar dir das!“ Zischte ich sie wütend an. Die Angst, die mich gerade noch voll und ganz erfüllte wandelte sich in eine unglaubliche Wut auf Chrissie. Sie verstand das natürlich nicht und sah mich fragend an. „Was? Was ist denn los?“ Ich blickte auf und sah ihr starr in die Augen. Ich weiß, dass wenn im diesem Moment Blicke hätten töten können, sie wahrscheinlich auf der Stelle umgefallen wäre, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich hatte Todesängste ausgestanden und das alles nur, weil sie ihren Mund nicht halten konnte. Sie wusste, dass ich nichts mehr mit Christoph zu tun haben wollten. Oft genug hatten wir darüber geredet, wie sehr er mich damals verletzt hatte. Wie oft hatte ich ihr gesagt, wie glücklich ich in meinem jetzigen Leben bin und dass ich nie wieder an die Zeit mit ihm erinnert werden wollte? Was hatte sie getan? Sie hatte ihn in mein Leben zurückgelassen! Dafür hasste ich sie abgrundtief. „Warum hast du das getan Chrissie? Warum?“ Noch immer sah sie mich fragend an. „Weißt du wer dort hinter der Bühne steht?“ Fragte ich sie provozierend, aber sie schien noch immer nicht zu verstehen. „Chrissie! Christoph ist da!“ Diese drei Worte ließen nun auch die Farbe aus ihrem Gesicht verschwinden. Mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen stand sie nun vor mir und ich merkte, dass ich nun klar wurde, was mit mir los war. „Oh mein Gott! Lea... Es ... Es... tut mir leid. Ich bin so eine Labertasche!“ Sagte sie kleinlaut. Aber das konnte mein Herz nicht mehr erweichen. Ich war so wütend auf sie. „Warum hast du das gemacht? Du hast gewusst, dass ich ihn nie wieder sehen wollte. Warum hast du ihn mit hergebracht?“ Die Wut kochte immer mehr in mir hoch. Chrissie sah nun auf Boden. „Verdammt! Er hat mich bedroht! Kannst du dir vorstellen, was für Ängste ich dort gerade ausgestanden habe? Warum hast du das getan Chrissie? Warum hast du ihm erzählt wo ich bin?“ Die Leute um uns herum starrten uns an, aber das war mir egal. „Lea... da war diese Party vor ein paar Tagen.... bei Manu...“ Stotterte sie. „Ich hatte zu viel getrunken... und plötzlich tauchte er da auf. Er war so nett... so kannte ich ihn gar nicht. Wir haben lange zusammengesessen und getrunken... Irgendwann hat er mich dann über dich ausgefragt und ich....“ Sie sah auf und blickte mich mit feuchten Augen an „... Lea! Es tut mir leid! Ich war betrunken...“ Rief sie beinahe flehend. „Betrunken, ja? Ist das jetzt deine Ausrede, oder was? Sag mal Chrissie kapierst du das überhaupt? Der Typ ist verrückt! Er hat mir erzählt, dass nun alles wieder gut wird, und er wieder mit mir zusammen sein kann! Verstehst du, was für eine Angst mir das macht? Du hast seinen Blick dort ebend nicht gesehen! Der ist zu allem fähig! Weißt du überhaupt, was du da gemacht hast?“ Es tat ihr wirklich leid, das sah ich ihr eindeutig an, aber wegen ihr stand ich nun unglaubliche Ängste aus. Was, wenn er nicht aufhören würde mich zu verfolgen? Was, wenn er mir irgendwas antun würde? Ich hatte ein kleines Kind zu Hause und ich wusste, dass Orlando nicht für ewig bei mir sein und mich beschützen konnte. Sein irrer Blick ließ mich nicht mehr los. Die Angst, die ich von diesem Moment an durchlitt, machte mich beinahe wahnsinnig und Chrissie stand nur da und erzählte mir, dass ihr das alles so leid tat.

Ich stieß sie beiseite und ging zur Bar. Dort genehmigte ich mir erst mal einen Whiskey nach dem anderen. Plötzlich merkte ich, wie sich zwei Arme um meinen Körper schlangen. Ich ließ mich nach hinten fallen, atmete tief ein und schloss die Augen. Wie er dort stand und mich hielt, merkte ich, wie die ganze Anspannung von mir abfiel. Langsam stiegen mir die Tränen in die Augen. Er bemerkte das, nahm mir das Glas aus der Hand und drehte mich zu sich. „Lass uns nach Hause gehen Kleines.“ Flüsterte er mir ins Ohr. Damit war ich sofort einverstanden. Der Weg nach Hause war der Beginn einer schrecklichen Zeit voller Angst für mich. Ich redete mit Orlando nicht über das was da gerade passiert war. Er hielt mich einfach nur im Arm und wir gingen langsam die dunklen Straßen entlang. Bei jedem Geräusch hinter uns schrak ich zusammen. Ich wurde dieses grausige Gefühl nicht los, dass er uns verfolgte. Solange Orlando bei mir war, würde er sich sicherlich nicht trauen mir zu nahe zu kommen, aber was, wenn ich wieder allein war?

Zu Hause angekommen fragte Orlando mich endlich. „Was war denn da eigentlich los? Was wollte dieser Typ von dir?“ Auf diese Frage hatte ich gewartet. „Das war mein Ex-Freund Christopher... Er ist damals mit einer 16 jährigen Spanierin durchgebrannt und hat mich sitzen lassen. Das war auch einer der Gründe, warum ich hier her gekommen bin. Ich wollte das alles hinter mir lassen. Es tat mir einfach noch zu sehr weh. Aber ich weiß nicht, was das gerade sollte. Ich habe keine Ahnung, was er von mir wollte. Er hat irgendwas erzählt, von „Wir können jetzt wieder zusammen sein.“ ... Orlando, das macht mir Angst. Ich hab diesen irren Blick in seinen Augen gesehen. Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist, aber er ist mir unheimlich!“ Einen Moment sagte Orlando nun gar nichts mehr. Er setzte sich auf das Bett, schlug die Hände vors Gesicht und ließ sich nach hinten fallen. „Und jetzt?“ Fragte er und zog mich zu sich. „Was, wenn der Typ dich nicht mehr in Ruhe lässt? Der wird dich doch immer wieder finden. Gerade jetzt, wo er weiß, dass du mit mir zusammen bist. Was, wenn er dich und Fabrice mal erwischt, wenn ich nicht in deiner Nähe bin? Ich muss zusehen, dass ich irgendwelche Sicherheitsleute organisiert bekomme, bevor ich wieder weg muss!“ Ich setzte mich wieder auf. „Sicherheitsleute? Für mich?“ Fragte ich. „Nein! Hör auf Orlando! Das ist doch Blödsinn! Ich werde schon alleine zurecht kommen. Wenn wir wieder in London sind, dann wird er uns schon nicht so schnell wieder auffinden.“ Irgendwie erschreckte mich das ein wenig. Ich wollte keine Sicherheitsleute. Ich wollte nicht, dass jemand mein ganzes Leben überwachte. Ich wollte in Ruhe und alleine auf die Straße gehen können. Auch wenn ich Angst hatte, dass Christoph mich wieder aufspüren könnte, wollte ich trotzdem nicht ständig überwacht werden. Er sah mich verständnislos an. „Lea, mach dir doch nichts vor! Der wird dich wiederfinden! Du bist nicht mehr irgendwer! Du bist meine Freundin. Wenn irgendwelche Fans schon rausfinden, wo ich wohne, dann ist das für einen Verrückten wie ihn doch erst recht ein leichtes Spiel! Du wirst dich und Fabi in unnötige Gefahr bringen, wenn wir nichts unternehmen. Ich werde morgen mit Claudia sprechen, dass sie einen Bodyguard für euch engagiert und dann gehen wir zu Polizei!“ „Ach komm!“ Antwortete ich ihm und lächelte. „Übertreiben müssen wir das doch auch nicht gleich, oder?“ Irgendwie war mir allein schon die Vorstellung, ständig von irgendwelchen Typen verfolgt zu werden schon unheimlich. Also versuchte ich, ihn wieder davon abzubringen. Ich wollte gerade aufstehen um nach Fabrice zu sehen, als er mich am Arm festhielt und mich wieder zu sich zog. „Okay!“ Sagte er verständnisvoll „Aber wenn er dir noch ein einziges mal zu nahe kommt, dann sagst du mir das! Dann müssen wir uns was einfallen lassen!“ Ich nickte zustimmend. So hatte ich wenigstens erst mal meine Ruhe. Sicher hatte ich nach diesem Erlebnis Angst Christoph noch einmal zu begegnen, aber ich fühlte mich noch unwohler bei dem Gedanken an Bodyguards.

Als wir ein paar Tage später wieder in London waren, hatte ich die Sache mit Christoph schon beinahe wieder vergessen, oder sollte ich eher sagen, erfolgreich verdrängt? Jedenfalls wollte ich mich nicht mehr damit beschäftigen. Ich wollte die Zeit die ich mit Orlando verbringen konnte genießen. Wir hatten so wenig Zeit füreinander, da wollte ich nicht das bisschen auch noch zerstören.

Eines Abends saßen wir beide gemeinsam im Wohnzimmer und blätterten die neusten Klatschblätter durch (das taten wir in letzter Zeit übrigens mit wachsender Begeisterung). Ich begann gerade ihm einen kleinen Artikel über die anstehende Oscarverleihung vor, als ich mit vor Schreck beinahe die Zeitung aus den Händen viel. Ich traute meinen Augen nicht. Wieder und wieder las ich diesen Artikel und es ging mir einfach nicht in den Kopf. „... ebenfalls fest zugesagt hat bereits Hollywoods neustes Sex Symbol Orlando Bloom, der mit seiner deutschen Freundin Lea Winter anreisen und damit sicherlich tausende Mädchenherzen brechen wird. In Insiderkreisen wird berichtet, dass er ihr bereits einen Heiratsantrag gemacht hat...“ Ich sah zu Orlando, der gerade in einen anderen Artikel über sich versunken war und in sich hineingrinste. „Ähm... Orlando?“ Er sah nicht auf und grinste immer breiter. „Guck dir das an...ich... Sexiest Man Alive...“ Es schien sich wirklich sehr darüber zu freuen. „Ja, sehr schön... dann erklär mir das hier mal, mein Sexiest Man Alive!“ Provokativ hielt ich ihm die Zeitung unter die Nase. Schnell überflogen seine Augen den Abschnitt, dann sah er mich an, als wüsste er gar nicht, was ich von ihm wollte. „Hab ich dir das nicht erzählt?“ „Nein, hast du nicht! Aber warum auch? Wir müssen ja nicht reden... Ich erfahre ja scheinbar sowieso alles aus der Zeitung!“ Ich stand auf und ging in die Küche. Ich war sauer. Warum erzählte er mir nichts davon? Ich nahm mir ein Glas aus dem Schrank und füllte es unter dem Wasserhahn. Das brauchte ich, um mich wieder ein wenig zu beruhigen. „Oscarverleihung... Ich auf der Oscarverleihung... und das erfahre ich schon 3 Tage vorher... Super!“ Plötzlich öffnete sich die Tür und Orlando kam mit Fabrice auf dem Arm in die Küche. Beide sahen mich mit dem gleichen treuen Hundeblick an. Ich wusste ja, dass dieser Blick angeboren ist! „Hört auf damit!“ Sagte ich und versuchte so ernst wie möglich zu schauen. Er kam zu mir und versuchte mich zu küssen, aber ich drehte meinen Kopf weg. „Ach komm schon!“ Sagte er versöhnlich und setzte wieder diesen schrecklich treuen Hundeblick auf. „Siehst du, weil ich genau wusste, dass du so reagieren wirst, hab ich es dir nicht gesagt! Eigentlich wollte ich dir das erst einen Tag vorher sagen, dann hättest du nicht mehr lange diskutieren können.“ Eigentlich fand ich das, was er da sagte ziemlich unverschämt, aber ich konnte diesem Lächeln einfach nicht wiederstehen. „Vielleicht hast du ja recht...“ Ich stockte und sah ihm in die Augen. Was machte er bloß immer wieder mit mir? Wie konnte es nur sein, dass ich diesen Mann so sehr liebte, dass ich das alles mitmachte? „Aber ich weiß nicht so genau, ob ich das wirklich möchte. Ich bin doch nur eine einfach junge Frau, die nichts mit dieser Glitzer und Glamour Welt zu tun hat. Ich glaube, dass ich da einfach nicht reinpassen. Ich fühle mich schon unwohl, wenn ich nur daran denke...“ Er legte mir den Finger auf die Lippen. „Ich weiß ja, aber ich glaub, es wird langsam Zeit, dass wir diese ganze Heimlichtuerei beenden. Weißt du, ich liebe dich und ich will das nicht mehr geheim halten. Schließlich haben wir eine wundervolle Tochter und wollen heiraten.“ Er streichelte mir über die Wange und ich legte meinen Kopf in seine Hand. „Das kriegen wir schon hin. Keine Angst. Die Leute, die dort über den roten Teppich laufen, sind auch nur Menschen. Glaub mir, ich weiß das!“ Er lachte und ich willigte ein. Zwei Tage später saßen wir im Flieger nach LA. Fabrice hatten wir nach Canterbury gebracht. Mein Magen schlug einen Purzelbaum nach dem anderen. Ich war so aufgeregt, wie noch niemals zuvor in meinem Leben. Immer wieder nahm ich Orlandos Hand und sagte „Ich kann das nicht!“ und immer wieder küsste er mich und sagte „Du kannst das!“ Als wir landeten war es gerade 10 Uhr morgens. Die Sonne schien und es war wunderbar warm. Ganz anders als das typische englische Wetter. Am Flughafen wartete ein Limousine, die uns direkt zu Orlandos Wohnung brachte. Das war alles so anders. Einerseits wirklich aufregend, aber andererseits auch angsteinflößend für jemanden wie mich.

Nach etwa einer halben Stunde hielten wir vor einem großen, gelben Haus auf den Hollywood Hills. Ich traute meinen Augen nicht. Es war unglaublich. Es stand an einer breiten, von Palmen gesäumten Straße. Man konnte meinen, dass hier ein wahnsinnig starker Verkehr herrschte, aber das schien nicht zu stimmen. Alles wirkte so ruhig. Ganz anders als in London. Alles war so sauber. Fast schon zu sauber. Aber das war noch nichts im Vergleich zu seiner Wohnung. Ich konnte es kaum glauben. Er schloss die Tür hinter uns und wir standen in einen großen, hellen Flur der in ein riesengroßes Wohnzimmer mündete. Mitten im Wohnzimmer führte ein Wendeltreppe direkt ins darüber liegende Schlafzimmer. Aus diesem Schlafzimmer hatte man einen herrlichen Blick auf den Strand und das Meer. Es war schöner, als ich es mir jemals erträumen hätte können. Viel schöner als unsere Wohnung in London.

Wir hatten noch nicht einmal unsere Sachen abgestellt, da klingelte es schon an der Tür. Orlando öffnete, während ich mich erst einmal rückwärts auf das riesige, kuschelige Bett fallen ließ. Eigentlich war das alles zu schön um wahr zu sein, viel zu schön, fast schon unheimlich.... Aber ich sollte nicht über so etwas nachdenken, also schloss ich die Augen und ließ meine Gedanken schweifen. Plötzlich merkte ich, wie Orlando neben mich aufs Bett setzte. „Na? Müde?“ fragte er leise und begann mein Gesicht mit vielen kleinen Küssen zu bedecken. Ein warmer Schauder lief mir über die Haut. Überwältigt von diesem wunderschönen Kribbeln, legte ich meine Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir runter. Er gab einen wohligen Seufzer von sich, der mich zum lachen brachte. Aber dann verschloss er meinen Mund mit einem langen Kuss, der mir fast den Atem nahm. „Du machst mich ganz wahnsinnig!“ Hauchte er in mein Ohr und ich begann an seinem Ohr zu Knabbern. Dann glitt ich langsam mit meiner Zunge an seinem Hals entlang. Dabei merkte ich, wie sich jedes einzelne Haar an seinem Körper begann aufzustellen. Mir gefiel dieses Spiel. „Das ist nicht gut... gar nicht gut.“ Stöhnte er während seine Hände unter meinem Shirt zärtlich über meine Brust strichen. „Stopp!“ Sagte er bestimmt und setzte sich auf. Ich versuchte ihn wieder an meine Seite zu ziehen, aber es funktionierte nicht. Ich brummelte beleidigt und drehte mich auf die andere Seite. Plötzlich schlug mir ein Kissen aufs Gesicht. „Na los, steh auf! Wir haben heut noch viel vor!“ Ich nahm das Kissen von meinem Gesicht und warf es zurück in sein verführerisch grinsendes Gesicht. „Aber heut Abend machen wir genau da weiter, wo wir gerade aufgehört haben! Verstanden?“ „Mal sehen...“ Wieder lächelte er mich schelmisch an. Doch gerade als ich aufstehen wollte, hielt er mich fest und zog mich zurück aufs Bett. „Moment! So schnell nun auch wieder nicht. Ich hab hier noch was für dich.“ Er hob ein großes rot gestreiftes Packet vom Boden hoch und stellte es vor mich auf das Bett. „Mach´s auf!“ Sagte er gespannt und schob es noch ein Stückchen zu mir rüber. Vorsichtig löste ich die Schleife und sah ihn wieder an. Mit einer Handbewegung machte er mir deutlich, dass ich ein bisschen schneller auspacken sollte, also tat ich es. Ich hob den Deckel von dem Packet und glaubte kaum was ist da sah. In diesem Packet lag das schönste Kleid, was ich jemals gesehen hatte. Vorsichtig strich ich mit meinen Fingerkuppen über den zarten Stoff. „Probier es an!“ Ich war so fasziniert von diesem Kleid, dass mich diese Worte aus einer regelrechten Trance rissen. Mit weit aufgerissenen Augen sah ich ihn an. „Orlando!... Du bist verrückt!“ Er antwortete nicht, sondern lächelte nur. Meine Hände griffen das Kleid und hoben es aus dem Karton. So etwas wunderschönes hatte ich wirklich noch nie gesehen. „Na los! Zieh es an!“ sagte er wieder und wurde langsam ungeduldig. Doch plötzlich klingelte es wieder an der Tür. Orlando sah mich an und verdrehte die Augen. „Sag mal, haben die irgendwo ein Schild aufgehängt, dass wir hier sind?“ Ich lachte und ging zur Tür. Ich hatte dieselbige gerade mal einen Spalt offen, als sich mir schon eine Hand entgegenstreckte und eine überdreht fröhliche Stimme rief. „Hey! Du musst Lea sein!“ Dann ging sie schnurstraks an mir vorbei in Wohnzimmer (das kannte ich doch irgendwoher…). Ich schloss die Tür und ging zu ihr. „Ich bin übrigens Claudia.“ Sagte sie, aber im ersten Moment, wusste ich deswegen trotzdem noch nicht, wer sie war. „Claudia?“ fragte ich. „Ja, Claudia! Orlandos Managerin...“ Jetzt fiel mir auch wieder ein woher ich diese Stimme kannte. „Oh... Ja... Klar. Einen Moment, Orlando ist gerade oben, ich ruf ihn...“ Aber noch bevor ich seinen Namen rufen konnte unterbrach sie mich. „Nein, ich will nicht zu ihm. Eigentlich wollte ich zu dir!“ So langsam verstand ich gar nichts mehr. Was wollte denn diese Frau, die mich und Orlando sowieso am liebsten getrennt sehen würde, jetzt plötzlich von mir? Zum Glück kam in diesem Moment Orlando die Treppe runter. Er stockte ein wenig, als er Claudia sah. „Du bist schon hier? Ich hätte eigentlich nicht vor dem Mittag mit dir gerechnet.“ Was? Jetzt wusste er auch noch davon? Was für Überraschungen standen mir denn noch bevor? „Na dann werde ich euch zwei mal alleine lassen.“ Sagte er und lächelte. Ich wusste zwar nicht, was das alles hier sollte, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass ihm bei dem Gedanken mich und Claudia alleine zu lassen, nicht sehr wohl zu Mute war. „Ich muss noch meinen Anzug für morgen Abend abholen.“ Dann kam er zu mir, gab mir einen flüchtigen Kuss, warf Claudia einen Blick zu, den ich nicht deuten konnte und ging zur Tür. Ich wollte ihm gerade hinterhergehen, als Claudia mich aufhielt. „Sag mal, kann ich hier mal was zu trinken bekommen?“ Nicht, dass ich nicht schon gereizt genug war, weil ich diese Situation ziemlich blöd fand... Nein! Jetzt stellte diese Person, die mir von Minute zu Minute unsympathischer wurde, auch noch Ansprüche. „In der Küche steht ein Kühlschrank, da findest du ganz bestimmt auch was zu trinken drin!“ giftete ich sie an und lief Orlando hinterher, der gerade die Wohnungstür hinter sich zuschlug. Ich erwischte ihn gerade noch, bevor er in den Fahrstuhl steigen konnte. „Hey! Moment mal!“ Ich hielt ihn fest und er drehte sich zu mir. „Was soll denn das? Was will denn diese unmögliche Person da von mir?“ Seine Miene verzog sich wieder auf eigenartige Weise und er sah auf den Boden. Dieses Verhalten reizte mich noch mehr. Nervös trat ich von einem Fuß auf den anderen. „Ich hab keine Ahnung. Aber sie hat mich heute früh angerufen, dass sie unbedingt noch mit dir reden muss, bevor wir morgen zur Verleihung gehen. Und sie wollte unbedingt mit dir alleine reden...“ Wieder einmal setzte er seinen treuen Hundeblick auf uns sah mich an. „Guck nicht schon wieder so!“ Ermahnte ich ihn. „Ich werde jetzt da rein gehen und mir anhören, was sie will, aber wenn sie mich auch nur im geringsten blöd anmacht, dann mach dich auf was gefasst Orlando Bloom!“ Erleichtert atmete er auf und küsste mich. Er schien wirklich gehörigen Respekt vor dieser Frau zu haben, sonst wäre es ihm nicht so wichtig gewesen, dass ich mit ihr rede, das wurde mir in diesem Moment klar. Ich drehte mich um und ging wieder zur Wohnungstür. Als ich mich noch einmal umdrehte, sah ich, dass er noch immer vor dem Fahrstuhl stand und mir hinterher sah. „Oh Mann!“ Sagte ich zu ihm und schüttelte den Kopf. „Such dir bloß eine neue Managerin!“ Er lächelte. Dieses Lächeln sollte ich nie wieder vergessen, denn es war für lange Zeit das letzte Lächeln was mir galt. „Ich weiß... Ich liebe dich, mein Engel!“ Dann öffnete ich die Tür und ergab mich meinem Schicksal. Als ich wieder im Wohnzimmer war saß Claudia mit einem Martiniglas in der Hand auf der Couch und sah mich abfällig an. Provokativ nahm sie den Pikser aus dem Glas und lutschte die Olive davon ab. In diesem Moment kam ich mir vor, wie in einem billigen Hollywoodfilm. Genervt seufzte ich und ließ mich auf einen Stuhl fallen. Ich verschränkte die Arme vor meiner Brust und sah sie erwartungsvoll an. In einem Schluck leerte sie ihr Martiniglas, dann stellte sie es auf den Tisch, wühlte in ihrer Tasche und holte eine Zigarette heraus. „Hier wird nicht geraucht! Orlando hat sich das vor einer ganzen Weile abgewöhnt und will nicht, dass seine Wohnung nach diesem ekligen Qualm riecht.“ Jetzt erst recht! Musste sie sich wohl gedacht haben, denn sie holte ein Feuerzeug heraus, zündete sich ihre Zigarette an und zog genussvoll daran. „Ach Püppchen!“ Sagte sie und pustete mir den Qualm ins Gesicht, dass ich husten musste. „Der hat sich das doch nur abgewöhnt um seinen Teeniefans ein gutes Vorbild zu sein. Glaub mir, wenn der eine Zigarette angeboten bekommt, dann nimmt er sie mit Kusshand!“ In mir begann es vor Wut zu kribbeln. Am liebsten hätte ich diese Person sofort wieder rausgeschmissen. Um das Gespräch nicht noch unnötig in die Länge zu ziehen, fragte ich sie, worum es ging. „Worum es geht? Kannst du dir das nicht denken?“ Ich schüttelte den Kopf, obwohl ich es mir eigentlich schon denken konnte. „Es geht um Orlando und dich! Ich bin zwar noch immer davon überzeugt, dass du nicht besonders hilfreich für seine Karriere bist, aber ich glaube, ich krieg ihm das so schnell wohl nicht ausgeredet. Na ja... eines Tages wird er es vielleicht noch einsehen...“ Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich merkte, wie ich vor Wut zu zittern begann. „Egal... Es geht um morgen Abend. Da sind einige Sachen, die du beachten wirst. Erstens: Du hälst dich im Hintergrund, verstanden? Zweitens: Du hast nicht über ihn, seine Karriere oder euer Leben zu sprechen. Drittens: Orlando pflegt einen sehr engen Kontakt zu einigen seiner Kolleginnen. Wehe, du machst ihm aus irgendeinem Grund dort eine Szene! Ist das bei dir angekommen?... Mir wär es zwar noch lieber, wenn du gar nicht dort auftauchen würdest, aber da ihm ja so viel an dir liegt, muss das wohl langsam mal sein...“ Diese Frau behandelte mich, als wäre ich ein Stück Dreck an Orlandos Hacken. Wie konnte er sich nur mit ihr abgeben? Wie konnte er sie schon so lange als Managerin beschäftigen? Meine Kehle schnürte sich zu. Ich versuchte den Kloß in meinem Hals herunter zu schlucken, aber es ging nicht. „Am Besten sie gehen jetzt!“ versuchte ich so ruhig wie möglich zu sagen. Aber der wütende Unterton in meiner Stimme war nicht zu überhören. „Bitte was? Willst du mich etwa rausschmeißen?“ „So könnte man das auch sagen!“ zischte ich ihr entgegen. „Na ja...“ Sagte sie wieder abfällig und erhob sich von der Couch „Ich hab sowieso nicht mehr mit dir zu bereden.“ Dann ging sie zur Tür. Bevor sie die Wohnung verließ drehte sie sich noch einmal um. „Und zieh dir was vernünftiges an. Du siehst aus wie ein Bauer in diesen Klamotten!“ Sie drehte sich um und öffnete die Tür, doch bevor sie sie hinter sich schloss, hörte ich noch, wie sie leise und abfällig sagte. „Ts... das Orlando das nicht peinlich ist...“ Dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

Noch immer zitternd vor Wut ging ich hoch ins Schlafzimmer, ließ mich aufs Bett fallen, drückte mein Gesicht in ein Kissen und schrie mir die Wut aus dem Leib. Nach einer Weile wandelte sich diese Wut aber in Nachdenklichkeit. Immer und immer wieder dachte ich über ihre Worte nach. Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich hob den Kopf und mein Blick fiel auf das Kleid, dass ich am morgigen Abend tragen sollte und langsam wurde mir etwas klar, was meine heile Welt Stück für Stück zusammenbrechen ließ.

Ich passte einfach nicht hier her...

The End

 

 

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